Bebauungspläne für das ehemalige Gelände des Güterbahnhofs Plagwitz

Es gibt zwei Bebauungspläne, einen für das Gebiet südlich der Antonienbrücke, einen für das Gebiet nördlich der Brücke. Wir als Bürger:inneninitiative konzentrieren uns auf den Plan für den nördlichen Teil. Dieser kann auf der Website der Stadt Leipzig in seiner Gänze eingesehen werden: Bebauungsplan Nr. 380.1 Grüner Bahnhof Plagwitz – Nordteil, Leipzig-Südwest

Das gesamte Gebiet gehörte ehemals der Deutschen Bahn und war Teil des Industriebahnhofs Leipzig-Plagwitz.

Derzeitige Eigentumsverhältnisse

Der Bebauungsplan für den nördlichen Teil wurde aufgrund der Mobilisierung von Bürger:innen und Naturschutzverbänden wie dem BUND und dem Ökolöwen, von den zuständigen Behörden in zwei Teile geteilt. Damit soll gesichert werden, dass die von der Stadt erworbenen Flächen rechtlich gesichert sind, während die Aushandlung der restlichen Fläche stattfindet. Zur Planungshistorie sowie zur Teilung des Bebauungsplans hat die Stadt eine Seite veröffentlicht.

Zum besseren Verständnis schauen wir uns im Folgenden noch einmal beide Teile an.

Der größere Teil betrifft die von der Stadt gekauften Flächen. Dies sind die Flächen, auf denen seit 2012, in Kollaboration mit der Stadt und durch das Engagement von Anwohner:innen und Vereinen wie dem Gleisgrün e.V. der Hildegarten, das Café Heiter bis Wolkig, der Bauspielplatz Wilder Westen, eine Streuobstwiese, ein Basketballfeld, eine Tischtennisplatte und der zukünftige urbane Wald entstanden sind. Durch die Teilung des Bebauungsplanes hat das Stadtplanungsamt schnell reagiert und die bisherigen Errungenschaften seit 2012 rechtlich abgesichert. Diese stehen nicht zur Diskussion, obgleich eine weitere Bebauung des angrenzenden Areals auch Konsequenzen für die öffentlichen Projekte des Bürgerbahnhofs haben wird.

Das restliche Gebiet wird gesondert betrachtet und ist nun Teil des neuen „koproduktiven Planungsprozess am Grünen Bahnhof“ geworden, an dem wir für euch teilnehmen. Es handelt sich um das Areal, welches der privaten Eigentümerin LEWO AG gehört. Diese hatte das Areal 2021 von der Deutschen Bahn gekauft. Im Moment (Stand: Februar 2023) gibt es kein Baurecht für dieses Areal (das haben wir mit den Umweltverbänden verhindert) aber jede Menge Pläne vom Stadtplanungsamt und der Eigentümerin LEWO.

Planzeichung, Quelle: Stadtplanungsamt Leizig, von uns annotiert

Auf dem Areal gibt es historische Bausubstanz, die unter Denkmalschutz steht. Es handelt sich dabei um mehrere Lokschuppen, die an die Gleise angrenzen, sowie um einen Wasserturm aus dem Jahr 1897. Es ist geplant, diese Gebäude, von denen einige auch heute aktiv genutzt werden, zu sanieren.

Außerdem befinden sich auf dem Areal auch nicht-denkmalgeschützte kleinere Gebäude. Diese sind zum Zeitpunkt der vorzeitigen Baufeldfreimachung Anfang 2022 teilweise abgerissen worden, bis der Baustopp in Kraft getreten ist. Die bisher geplante Neubebauung betrifft einerseits eine Verdichtung – zwischen den historischen Gebäuden soll gebaut werden – und andererseits eine Neubebauung – auf dem restlichen, der LEWO AG gehörenden, Areal.

Im folgenden besprechen wir die Pläne des Stadtplanungsamtes und der LEWO für dieses Areal.

Was stellt sich das Stadtplanungsamt auf dem Gebiet vor?

Nach bisherigen Aussagen bei Informationsveranstaltungen und laut dem Entwurf “Bebauungsplan Nr. 380.1 Grüner Bahnhof Plagwitz – Nordteil, Leipzig-Südwest” schien sich das Stadtplanungsamt auf dem Gelände hauptsächlich eine Gewerbebebauung vorzustellen. Dies entspricht auch dem frei zugänglichen Flächennutzungsplan (FNP), der für die Stadtplanungsämter als Grundlage zur Organisation von Stadtraum dient. Der FNP sieht an dieser Stelle keinerlei Wohnbebauung vor.

Das Stadtplanungsamt begründet die Legitimität dieser Pläne unter anderem mit Absprachen und Vereinbarungen, die zwischen der Stadt Leipzig und der Deutschen Bahn getroffen worden sind. Zur Existenz und Bedeutung dieser Absprachen haben wir übrigens für euch nachgeforscht: Muss die Stadt am Bahnhof Plagwitz Bauland herstellen? (Kurz geantwortet: nein.)

Die Flächen, auf denen gebaut werden soll, sind durch die frühere Nutzung der Bahn zum Teil versiegelt. Dies nutzt die Stadt als Argument, um nicht zu entsiegeln, sondern neu zu bebauen, obwohl das Klimaschutzgutachten des Umweltamts der Stadt Leipzig diese Fläche für schützenswert erklärt hat. Dort wuchsen über viele Jahre Gehölze und ein Brachbiotop entstand. Des weiteren siedelte sich auf der Fläche neben der Flora auch eine schützenswerte Fauna an. Brachen sind im stadtplanerischen Vokabular allerdings allgemein inexistent, sind sie doch der Inbegriff von Nicht-Planung.

Was stellt sich die LEWO dort vor?

Fakt ist, dass die LEWO ein gewinnorientiertes Unternehmen ist und mit dem Kauf in das Gelände eine Investition tätigt. Fakt ist auch, dass, egal was die LEWO schreibt oder erzählt, am Ende schwarze Zahlen auf dem Papier stehen müssen. Die LEWO will mit der Entwicklung des Geländes Gewinn machen und im Rahmen der Möglichkeiten und Verhandlungen mit dem Stadtplanungsamt und uns Bürger:innen versuchen, diesen Gewinn zu maximieren.

Da die LEWO das Grundstück ohne die Existenz von Baurecht gekauft hat, gehen wir davon aus, dass sich die LEWO für einen Bebauungsplan einsetzt, der möglichst viel Bauland und/oder höherwertige Bebauungsmöglichkeiten (Wohnen anstatt Gewerbefläche) bietet. In einem Zeitschriften-Artikel spricht die LEWO auch schon selbst von Wohnbauflächen und formuliert diese Möglichkeit auch über eine bildhafte Darstellung in dem Artikel aus.

Am 29. August 2023 hat die LEWO von der Stadt die Möglichkeit erhalten, ihre Pläne der Öffentlichkeit vorzustellen. Hier ein Bild aus einem Bericht des Sachsenspiegels (MDR): Die denkmalgeschützten Gebäude werden saniert – dem verweigern wir uns übrigens nicht. Aber weiterhin sieht man, dass hier eine autogerechte Stadt, Parkäuser, Neuversiegelung, sowie das komplette Zubauen der Frischluftschneise* durch die Eigentümerin geplant ist.

(Zur Vision der LEWO lest bitte auch unsere Analyse: Grünflächenversorgung im Leipziger Westen.)

Da die LEWO eine Aktiengesellschaft ist, liegt eine zeitnahe und gewinnorientierte Entwicklung des Grundstückes nicht nur im Interesse der Projektentwickler:innen der LEWO selbst, sondern auch im Interesse der Anteilseigner:innen. Besonders unter Betrachtung der aktuellen Zinsentwicklung, den gestiegenen Baukosten und den im allgemeinen langsamen Verwaltungsabläufen in Leipzig, stellt sich eine weitreichende Verzögerung der Grundstücksentwicklung für die LEWO als riskant dar. Interessant dabei ist, für welchen Preis das Grundstück von der Deutschen Bahn erworben wurde und ob vielleicht jetzt schon intern fest steht, dass man hier in ein Minusgeschäft eingestiegen ist. Aufgrund des derzeitigen, eher ungünstigen Investitionsklimas erleben wir auch aktuell in Leipzig, wie sogenannte „marktbereinigende Kräfte“ wirken und die/der eine oder andere Immobilienentwickler:in sich bereits aus dem Geschäft zurück gezogen hat.

Liebe LEWO: bitte zieht euch auch zurück und stoßt dieses unrentable Stück Land an uns Anwohner:innen ab!

Gerne wird bei der Bebauung auch davon gesprochen, „nachhaltig“ oder „klimafreundlich“ zu planen. In einem 2022 erschienenen Artikel (Immobilien Aktuell) schreibt die LEWO plakativ: „Alle Signale stehen auf Grün!“ – doch sind solche Floskeln lediglich Codes, um in der Bevölkerung Akzeptanz zu schaffen und den Bauordnungsbehörden die Unterschrift unter der Baugenehmigung zu erleichtern. Jeder/Jedem sollte klar sein, dass Nichtbauen für das Klima immer besser ist, als zu bauen. Und schon gar nicht, wenn man an die Fassade nur ein paar Kletterhilfen für Efeu klebt und auf das verdorrte Flachdach Pflanzen kommen, die normalerweise in der Savanne wachsen.

Für uns ist klar, dass das Interesse der LEWO an einer Neubebauung des Geländes in direktem Konflikt mit dem Interesse der Anwohner:innen und Nutzer:innen steht, die Fläche weiterhin als Ort für vielfältige, gemeinschaftliche und kreative Nutzungsmöglichkeiten zu erhalten.

Was wir uns vorstellen

Wir möchten das Gelände als öffentlich nutzbare Freifläche erhalten. Damit soll unter anderem gewährleistet werden, dass das Gelände als Freiluftschneise dient. Wir können uns zum Beispiel vorstellen, dass das Gelände (teil)entsiegelt und bepflanzt wird. Jegliche Entwicklung sollte unserer Meinung nach jedoch von Expert:innen für Arten- und Klimaschutz begleitet werden, denn auf dem Gelände leben Zauneidechsen und die streng geschützte Wechselkröte.

Simulation der Fläche, unbebaut und begrünt

Als Bürger:inneninitiative sprechen wir aber nicht nur für uns selbst, sondern für euch. Wir haben bei den von uns organisierten Festen eure Ideen gesammelt. Im zukünftigen „koproduktiven Planungsprozess“ möchten wir die Grundlagen dafür schaffen, dass Anwohner:innen über die Flächen mitentscheiden können.

Der größere Zusammenhang

Um das Bauvorhaben in einem größeren Zusammenhang zu denken, laden wir euch ein, die Veränderungen um das Gebiet des Bebauungsplans herum in den von uns erstellten Karten zu betrachten.