Ein paar Impressionen von uns zum Start des Bürgerbeteiligungsverfahrens

Die Auftaktveranstaltung zum Planungsprozess am 29.8.23 war gut besucht. Etwa 300 Anwohner und Anwohnerinnen, vor allem aus den umliegenden Stadtteilen, jung und alt, waren gekommen. Viele hatten Pappschilder und Transparente  mitgebracht, auf denen z.B. stand: „Keine Bebauung“, „Frischluftschneise erhalten“, „Ich kletter gern auf Bäume” oder „Grün statt Grau“. Die Mehrheitsverhältnisse waren ziemlich eindeutig: der absolute friGroßteil der Gekommenen war gegen eine Bebauung. Auch wenn leider nicht alle Anwesenden sprechen konnten, konnte man dies am Klatschverhalten deutlich feststellen. Nur einige einzelne Bürger:innen sprachen sich für eine Bebauung aus. Dabei wurde vor allem der Aspekt des fehlenden Wohnraums angesprochen, wobei das Augenmerk vor allem auf bezahlbarem Wohnraum bzw. auf dem sozialen Wohnungsbau lag.

Was vor Ort zur Sprache kam

Von einem Vertreter des Leipziger Umweltverbands Ökolöwen wurde darauf hingewiesen, dass die Kooperation von Stadtverwaltung und LEWO bei der Präsentation und den ausgehängten Plakaten durchaus so anmutet, als würde es bereits gemeinsame Projektpläne geben.

Von einigen Anwohner:innen wurde auf die Klimaanalysen der Stadt verwiesen, die hinsichtlich der Überhitzung der anliegenen Stadtteile zu beachten seien. Die Bedeutung des Geländes als Frischluftschneise* zur Abkühlung des Leipziger Westens wurde dabei besonders betont.

Die Abrissarbeiten der LEWO ohne aktuelles ökologisches Gutachten und auch der Zaunbau Anfang 2022 wurden angeprangert.

Allgemein wurde der Bürgerbahnhof als eine der wenigen bestehenden Grünflächen im Leipziger Westen hervorgehoben und deren Wichtigkeit für einen wachsenden Stadteil herausgestellt.

Wir fordern deshalb weiterhin von der Stadt Leipzig, ihrer Aufgabe gerecht zu werden und die Belange und das Wohlergehen der Bürger:innen in den Mittelpunkt zu stellen anstatt  die Interessen einzelner Investoren durchzusetzen.

Städtische Kommunikation im Vorfeld der Veranstaltung – es geht noch besser

Im Vorfeld der Veranstaltung haben wir uns doch etwas über die Stadtverwaltung gewundert. Obwohl es sich um ein öffentliches Beteiligungsverfahren handelt in dem Anwohner:innen dazu aufgerufen sind, teilzunehmen, wurde wenig bis gar keine Werbung für den Termin gemacht. Wir als Bürgerinitiative übernahmen größtenteils die Aufgabe der Information und Kommunikation über den Termin.

Außerdem hat die Organisation nur 4 Tage vor dem Treffen den Ort des Treffens geändert. Dabei bleibt festzustellen, dass der Raum in der Schule, in der das Treffen letztlich stattfand, von der Fläche her kleiner war als der Westbahnhof, in dem das Treffen ursprünglich stattfinden sollte. Im Westbahnhof hätte es auch die Möglichkeit gegeben, die Veranstaltung per Beamer nach draußen zu projizieren, um noch mehr Leuten eine Teilnahme zu ermöglichen. Stattdessen kam es am neuen Veranstaltungsort, der Schule am Grünen Gleis, dazu, dass einzelne Leute vor dem Raum im Gang stehen mussten. Warum die Stadt so kurzfristig den Ort gewechselt hat, ist uns schlicht und ergreifend vollkommen unverständlich.

Bürgerbeteiligung ja – aber bitte nicht länger als 60 Minuten

Es ist uns weiterhin unverständlich, warum man eine zweieinhalbstündige Bürgerbeteiligungsveranstaltung organisiert, bei der die anwesenden Anwohner:innen jedoch insgesamt nur eine Stunde Zeit haben, mit Vorschlägen für die Nutzung des Areals zu Wort zu kommen. Wir verstehen nicht, warum die Verwaltung lang und breit wertvolle Diskussionszeit damit gefüllt hat, sich mehrfach zu wiederholen und einen viel zu detaillierten Abriss der Entwicklung der letzten 10 Jahre am Bürgerbahnhof zu geben. Zuweilen machte es den Eindruck, das Stadtplanungsamt führe einen Arbeitsnachweis gegenüber der anwesenden Leiterin des Stadtplanungsamtes Frau Dr. Ziegenbein. Dies hätte man wesentlich kürzer halten können, denn es ist für das Beteiligungsverfahren größternteils irrelevant. Ein Verfahren, bei dem die Bürger:innen so wenig zu Wort kommen, scheint uns ihre Bezeichnung als Bürgerbeteiligungsverfahren nicht so recht verdient zu haben.

Fehlinformationen zum Kaufvertrag als Legitimierung der Umwandlung in Bauland

Wir haben uns auch gefragt, warum immer und immer wieder wahrheitswidrig von Seiten der Stadt und der LEWO behauptet wird, die Stadt hätte sich mit der Deutschen Bahn vertraglich darauf geeinigt, im Gegenzug zu einem niedrigen Kaufpreis für die städtischen Flächen den an die LEWO verkauften Teil in Bauland umzuwandeln. Wir sagen es zum wiederholten Male: Einen solchen Vertrag, eine solche Klausel, gibt es nicht. Die Stadt möge diesen Vertrag bitte vorlegen, will sie dies weiter behaupten. Weder in der städtebaulichen Vereinbarung, noch im Kaufvertrag zwischen Deutscher Bahn und Stadt Leipzig ist eine solche Regelung beinhaltet. Wir haben das nach Dokumenteneinsicht ausführlich hier dokumentiert.

Eine solche Vereinbarung wäre übrigens auch rechtswidrig und würde gegen das Baugesetzbuch (§ 1 III 2 BauGB) verstoßen, da eine Kommune einen Bebauungsplan nicht von einem Vertrag mit einem privaten Investor abhängig machen darf.

Die Stadt sollte ihre eigenen Verträge kennen. Es wirkt schon fast so, als verbreite man bewusst falsche Informationen, um die Umwandlung in Bauland zu legitimieren. Wir fordern die Stadt hiermit auf, ihre permanente Desinformation in diesem Punkt zu unterlassen.

Danksagung 

Wir möchten uns an dieser Stelle bei der Moderation durch Fritjof Mothes und dem engagierten Team des Stadtlabors bedanken, die trotz der Umstände für alle Teilnehmer:innen einen guten Rahmen geschaffen haben und stets um fairen Austausch bemüht waren.

Wie geht es weiter? 

An den folgenden Treffen der Bürger:innenbeteiligung in Form von gemeinsamen Workshops ist die Teilnahme von 40 ausgewählten Personen geplant. Dabei sollen aber gerade einmal sechs (6) ausgewählte Anwohner:innen eingeladen werden. Nicht nur wir, sondern viele andere Anwohner:innen haben während der Veranstaltung lautstark infrage gestellt, inwiefern ein solcher Prozess, bei dem die Interessen der Anwohner:innen nur durch wenige vertreten werden, dem von der Stadt mantraartig anvisierten Kompromiss überhaupt herstellen kann. Was die Industrie- und Handelskammer oder die Handwerkskammer, denen jeweils ein Sitz eingeräumt wird, zu einem „Interessenausgleich“ beizutragen haben, ist uns doch recht schleierhaft. Weiterhin ist angedacht, der LEWO selbst drei (3) Sitze einzuräumen.

Gemeinsam mit der Kiezvernetzung West erarbeiten wir zur Zeit ein Konzept, um allen interessierten Anwohner:innen die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen und ihre Meinungen in die geplante Workshopreihe zu tragen.

Wie habt ihr den ersten Termin erlebt? Schreibt uns!