Wagenplatz KarlHelga und unbebauter Bahnhof Plagwitz bleiben: Petition zur Anpassung des Bebauungsplans Nr. 428 und des Flächennutzungsplans der Stadt Leipzig an den Klimanotstand

Eine neue Petition fordert die Erhaltung der Grünflächen am Plagwitzer Bahnhof, insbesondere die am Bahnhof Plagwitz gelegene und vom B-Plan Nr. 428 betroffene Fläche des Wagenplatz KarlHelga in der Leipziger Klingenstraße. Die Fläche wurde von einer Firma des Investors Christoph Gröner gekauft, um dort eine Lagerhalle zu errichten. Unterschreibt hier!

Ein paar Impressionen von uns zum Start des Bürgerbeteiligungsverfahrens

Die Auftaktveranstaltung zum Planungsprozess am 29.8.23 war gut besucht. Etwa 300 Anwohner und Anwohnerinnen, vor allem aus den umliegenden Stadtteilen, jung und alt, waren gekommen. Viele hatten Pappschilder und Transparente  mitgebracht, auf denen z.B. stand: „Keine Bebauung“, „Frischluftschneise erhalten“, „Ich kletter gern auf Bäume” oder „Grün statt Grau“. Die Mehrheitsverhältnisse waren ziemlich eindeutig: der absolute friGroßteil der Gekommenen war gegen eine Bebauung. Auch wenn leider nicht alle Anwesenden sprechen konnten, konnte man dies am Klatschverhalten deutlich feststellen. Nur einige einzelne Bürger:innen sprachen sich für eine Bebauung aus. Dabei wurde vor allem der Aspekt des fehlenden Wohnraums angesprochen, wobei das Augenmerk vor allem auf bezahlbarem Wohnraum bzw. auf dem sozialen Wohnungsbau lag.

Was vor Ort zur Sprache kam

Von einem Vertreter des Leipziger Umweltverbands Ökolöwen wurde darauf hingewiesen, dass die Kooperation von Stadtverwaltung und LEWO bei der Präsentation und den ausgehängten Plakaten durchaus so anmutet, als würde es bereits gemeinsame Projektpläne geben.

Von einigen Anwohner:innen wurde auf die Klimaanalysen der Stadt verwiesen, die hinsichtlich der Überhitzung der anliegenen Stadtteile zu beachten seien. Die Bedeutung des Geländes als Frischluftschneise* zur Abkühlung des Leipziger Westens wurde dabei besonders betont.

Die Abrissarbeiten der LEWO ohne aktuelles ökologisches Gutachten und auch der Zaunbau Anfang 2022 wurden angeprangert.

Allgemein wurde der Bürgerbahnhof als eine der wenigen bestehenden Grünflächen im Leipziger Westen hervorgehoben und deren Wichtigkeit für einen wachsenden Stadteil herausgestellt.

Wir fordern deshalb weiterhin von der Stadt Leipzig, ihrer Aufgabe gerecht zu werden und die Belange und das Wohlergehen der Bürger:innen in den Mittelpunkt zu stellen anstatt  die Interessen einzelner Investoren durchzusetzen.

Städtische Kommunikation im Vorfeld der Veranstaltung – es geht noch besser

Im Vorfeld der Veranstaltung haben wir uns doch etwas über die Stadtverwaltung gewundert. Obwohl es sich um ein öffentliches Beteiligungsverfahren handelt in dem Anwohner:innen dazu aufgerufen sind, teilzunehmen, wurde wenig bis gar keine Werbung für den Termin gemacht. Wir als Bürgerinitiative übernahmen größtenteils die Aufgabe der Information und Kommunikation über den Termin.

Außerdem hat die Organisation nur 4 Tage vor dem Treffen den Ort des Treffens geändert. Dabei bleibt festzustellen, dass der Raum in der Schule, in der das Treffen letztlich stattfand, von der Fläche her kleiner war als der Westbahnhof, in dem das Treffen ursprünglich stattfinden sollte. Im Westbahnhof hätte es auch die Möglichkeit gegeben, die Veranstaltung per Beamer nach draußen zu projizieren, um noch mehr Leuten eine Teilnahme zu ermöglichen. Stattdessen kam es am neuen Veranstaltungsort, der Schule am Grünen Gleis, dazu, dass einzelne Leute vor dem Raum im Gang stehen mussten. Warum die Stadt so kurzfristig den Ort gewechselt hat, ist uns schlicht und ergreifend vollkommen unverständlich.

Bürgerbeteiligung ja – aber bitte nicht länger als 60 Minuten

Es ist uns weiterhin unverständlich, warum man eine zweieinhalbstündige Bürgerbeteiligungsveranstaltung organisiert, bei der die anwesenden Anwohner:innen jedoch insgesamt nur eine Stunde Zeit haben, mit Vorschlägen für die Nutzung des Areals zu Wort zu kommen. Wir verstehen nicht, warum die Verwaltung lang und breit wertvolle Diskussionszeit damit gefüllt hat, sich mehrfach zu wiederholen und einen viel zu detaillierten Abriss der Entwicklung der letzten 10 Jahre am Bürgerbahnhof zu geben. Zuweilen machte es den Eindruck, das Stadtplanungsamt führe einen Arbeitsnachweis gegenüber der anwesenden Leiterin des Stadtplanungsamtes Frau Dr. Ziegenbein. Dies hätte man wesentlich kürzer halten können, denn es ist für das Beteiligungsverfahren größternteils irrelevant. Ein Verfahren, bei dem die Bürger:innen so wenig zu Wort kommen, scheint uns ihre Bezeichnung als Bürgerbeteiligungsverfahren nicht so recht verdient zu haben.

Fehlinformationen zum Kaufvertrag als Legitimierung der Umwandlung in Bauland

Wir haben uns auch gefragt, warum immer und immer wieder wahrheitswidrig von Seiten der Stadt und der LEWO behauptet wird, die Stadt hätte sich mit der Deutschen Bahn vertraglich darauf geeinigt, im Gegenzug zu einem niedrigen Kaufpreis für die städtischen Flächen den an die LEWO verkauften Teil in Bauland umzuwandeln. Wir sagen es zum wiederholten Male: Einen solchen Vertrag, eine solche Klausel, gibt es nicht. Die Stadt möge diesen Vertrag bitte vorlegen, will sie dies weiter behaupten. Weder in der städtebaulichen Vereinbarung, noch im Kaufvertrag zwischen Deutscher Bahn und Stadt Leipzig ist eine solche Regelung beinhaltet. Wir haben das nach Dokumenteneinsicht ausführlich hier dokumentiert.

Eine solche Vereinbarung wäre übrigens auch rechtswidrig und würde gegen das Baugesetzbuch (§ 1 III 2 BauGB) verstoßen, da eine Kommune einen Bebauungsplan nicht von einem Vertrag mit einem privaten Investor abhängig machen darf.

Die Stadt sollte ihre eigenen Verträge kennen. Es wirkt schon fast so, als verbreite man bewusst falsche Informationen, um die Umwandlung in Bauland zu legitimieren. Wir fordern die Stadt hiermit auf, ihre permanente Desinformation in diesem Punkt zu unterlassen.

Danksagung 

Wir möchten uns an dieser Stelle bei der Moderation durch Fritjof Mothes und dem engagierten Team des Stadtlabors bedanken, die trotz der Umstände für alle Teilnehmer:innen einen guten Rahmen geschaffen haben und stets um fairen Austausch bemüht waren.

Wie geht es weiter? 

An den folgenden Treffen der Bürger:innenbeteiligung in Form von gemeinsamen Workshops ist die Teilnahme von 40 ausgewählten Personen geplant. Dabei sollen aber gerade einmal sechs (6) ausgewählte Anwohner:innen eingeladen werden. Nicht nur wir, sondern viele andere Anwohner:innen haben während der Veranstaltung lautstark infrage gestellt, inwiefern ein solcher Prozess, bei dem die Interessen der Anwohner:innen nur durch wenige vertreten werden, dem von der Stadt mantraartig anvisierten Kompromiss überhaupt herstellen kann. Was die Industrie- und Handelskammer oder die Handwerkskammer, denen jeweils ein Sitz eingeräumt wird, zu einem „Interessenausgleich“ beizutragen haben, ist uns doch recht schleierhaft. Weiterhin ist angedacht, der LEWO selbst drei (3) Sitze einzuräumen.

Gemeinsam mit der Kiezvernetzung West erarbeiten wir zur Zeit ein Konzept, um allen interessierten Anwohner:innen die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen und ihre Meinungen in die geplante Workshopreihe zu tragen.

Wie habt ihr den ersten Termin erlebt? Schreibt uns!

Bericht Sachsenspiegel

Pünktlich zu Beginn des Beteiligungsverfahrens hat der MDR heute, am 29. August 2023, im Sachsenspiegel über die Bürgerinitiative berichtet. Im Video zu sehen sind auch die derzeitigen Pläne der LEWO: Vollbebauung, Parkplätze, autogerechte Straße.

So stellt sich die LEWO AG die Bebauung vor: im Vordergrund die Naumburger Strasse, rechts der Bahnhof Plagwitz, im Hintergrund die Aurelienbrücke. Man sieht Neubau-Blöcke (weiß und grünlich), soweit das Auge reicht, versiegelte Flächen, autogerechte Straßen, mindestens ein Parkhaus zwischen den denkmalgeschützten Lokschuppen. Die Architektur ist in keinster Weise der Geschichte des Ortes angemessen und reflektiert diesen nicht. Die Frischluftschneise* wäre damit zugebaut, die Empfehlungen des Amts für Umweltschutz außer Acht gelassen.

Wir stellen halb amüsiert, halb empört, fest, dass die LEWO auf obigem Bild auch gleich mal die städtischen Flächen, für die die Stadt Leipzig den Bundespreis Stadtgrün erhalten hat, ausgelöscht hat: es fehlen Heiter bis Wolkig, Bauspielplatz, Hildegarten und Basketballplatz – letztere werden gleich mitbebaut.

Der Geschäftsführer führt – Achtung: Akzeptanzmanagement – vorerst Ateliers und sozialen Wohnungsbau ins Feld. Dabei sollte man wissen, dass Sozialwohnungen nur 15 Jahre lang gebunden und danach wieder auf dem freien Markt sind (das ist übrigens der eigentliche Grund für das Fehlen von Sozialwohnungen: zuviele fallen aus der Preisbindung, Neubau ist die am wenigsten nachhaltige Möglichkeit, dem entgegenzuwirken). Wir haben schon in unserem Video erklärt, dass diese Argumente nicht ziehen: wenn der LEWO wirklich daran gelegen ist, Sozialwohnungen zu bauen, hindert sie nichts daran, dies in ihrem derzeitigen Immobilienpark zu tun.

Wir verweigern uns einer Bebauung außerdem und zuvorderst, weil Frischluftschneisen*, wie die des ehemaligen Güterbahnhofs, sich eben dadurch auszeichnen, dass sie nicht bebaut sind. Jedwede Bebauung würde vor Ort sowie in den angrenzenden Stadtvierteln zu mehr Erhitzung führen. So sieht das auch die Stadtklimaanalyse des Amts für Umweltschutz der Stadt Leipzig, die das Gelände als von “sehr hoher Schutzwürdigkeit” ausweist, und unterstreicht, dass in solchen Gebieten auf Nachverdichtungen möglichst verzichtet werden sollte.

Wir möchten auch noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass die LEWO kein Bauland gekauft hat und die Stadt Leipzig auch nicht verpflichtet ist, Bauland für private Immobilienprofite herzustellen, und dabei das Allgemeingut, in diesem Falle Frischluftschneise*, Stadtklima und Naturschutz, außer Acht zu lassen.

Unabhängiges Artenschutzgutachten: Bahnhof Plagwitz ist Heimat der letzten Leipziger Population der Wechselkröte

Der Umweltverband Ökolöwe legt nun endlich ein unabhängiges Artenschutzgutachten vor, denn für den Bebauungsplan wurde ein veraltetes Gutachten verwendet. Das neue Gutachten beweist: Der Bestand von seltenen Amphibien und Reptilien ist deutlich größer.

Unter anderem hat der Umweltverband herausgefunden, dass auf dem Gelände Leipzigs letzte Population der streng geschützten Wechselkröte lebt. Sie ist so bedroht, dass sie auf der Roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz steht. Die Wechselkröte kann nicht einfach umgesiedelt werden, wie das bei anderen Bauprojekten sonst oft üblich ist.

„Das Ergebnis des Gutachtens ist spektakulär: Auf dem Bürgerbahnhof Plagwitz lebt Leipzigs letzte Population der streng geschützten Wechselkröte. Sie kann nicht einfach umgesiedelt werden, wie das bei anderen Bauprojekten sonst oft üblich ist.“

Mehr erfahren

Öffentliche Auftaktveranstaltung – Beteiligungsprozess

Für Dienstag den 29. August 2023 ab 18:00 Uhr, lädt das Stadtplanungsamt alle interessierten Bürger:innen zur öffentlichen Auftaktveranstaltung in die Schule am Grünen Gleis (Baumannstr. 13) ein. Kommt zahlreich.

Im Anschluss an diesen Termin soll der Beteiligungsprozess im Workshop-Format über mehrere Termine fortgeführt werden. Die Ergebnisse will die Stadtverwaltung über diese Projektseite im Laufe des Prozesses bekanntgeben. Wir werden ebenfalls auf unserer Website berichten.

Nach dem Beteiligungsprozess, der vom Stadtlabor moderiert wird, möchte die Stadt eine neuen Bebauungsplan vorlegen, welcher in letzter Instanz vom Stadtrat abgesegnet werden muss.

Trotz Protesten, Petition und Baustopp: die Stadt Leipzig hält weiterhin an einer Legalisierung der Bebauung der Brache am Bürgerbahnhof Plagwitz fest. Sie lädt deshalb alle interessierten Bürger:innen am 29. August 2023, 18 Uhr, in die Schule am Grünen Gleis, Baumannstraße 13, ein. Die Veranstaltung soll der Auftakt für den weiteren Planungsprozess sein.  Viele von euch haben sich gefragt, was sie persönlich gegen die drohende Bebauung tun können. Genau dies ist nun die Gelegenheit, aktiv zu werden. An diesem Abend könnt ihr eure Bedenken und euren Protest gegen die Bebauung sowie eure eigenen Vorstellungen für eine bürgernahe und klimagerechte Gestaltung der Fläche äußern.   Die Veranstaltung ist damit eine wichtige und seltene Möglichkeit der Teilhabe — also kommt zahlreich und ladet eure Freund:innen, Verwandten und Arbeitskolleg:innen ein und bringt diese mit!   Zusammen können wir eine Bebauung verhindern!  Mehr Infos und offenen Brief unterschreiben.

Kooperativer Planungsprozess beginnt Ende August 2023

Wir haben erfahren, dass der kooperative Planungsprozess am 29. August 2023 beginnen und aus 4 Workshop-Terminen bestehen soll. Sobald wir diesbezüglich offiziell kontaktiert werden und mehr wissen, berichten wir.

Der kooperative Planungsprozess ist ein von der Stadt Leipzig organisierter, moderierter Prozess, in dem alle wichtigen Akteure – die Besitzerin des Geländes, Anwohner:innen, politische Entscheidungsträger:innen, Naturschutzverbände, die Bürgerinitiative u.a. – zusammengebracht werden sollen, um die Planung auf dem Gebiet zu debattieren. Dieser neue Beteiligungsprozess ist auf die zahlreichen Proteste gegen den ersten Bebauungsplan zurückzuführen, also ein Teilerfolg für uns.

Liebeserklärung an die Brache

Eine Brachfläche zeichnet sich (auch) dadurch aus, dass dort eigentlich alles denkbar ist. Sie verkörpert Möglichkeiten statt Tatsachen und hat dadurch einen inspirierenden Charakter. Die Überbleibsel der Vornutzung erzählen Geschichten aus der Vergangenheit, die (Wieder-)Aneignung durch die Natur erzählt Geschichten von der Vergänglichkeit menschlichen Wirkens. In Zeiten, in denen Optimierung und Effizienzsteigerung das Denken regieren, sind Brachen Oasen der Planlosigkeit, Orte die sich menschlicher Herrschaft und Verwertungslogik entziehen.

Auch wenn die Brache im stadtplanerischen Vokabular nicht existiert, ist das letzte Wort im Konflikt um diese Brache aber noch lange nicht gesprochen. Wie die Einigung am Ende aussieht ist momentan noch nicht abzusehen. Fest steht jedoch, dass es hier um mehr geht als um die Entscheidung, ob hier nun Bäume, Wohnungen oder Bürogebäude stehen. Es geht hier um die Frage: Wem gehört die Stadt? Wer gestaltet sie? Wer hat ein Recht auf die Stadt?

29. April ’23: Kiezgespräch und Rede

Am 29. April 2023 um 17 Uhr @Gieszerstraßenfestival: Komm zu unserem Kiezgespräch – wir sprechen auf der Bühne und im Kiezwohnzimmer über die Veränderungen im Umfeld und wie wir ihnen begegnen können.

Ebenfalls am 29. April waren wir eingeladen, einen Redebeitrag auf der durch die Kieze Lindenau und Plagwitz laufenden Demo gegen Gentrifizierung zu halten.