Kooperativer Planungsprozess beginnt Ende August 2023

Wir haben erfahren, dass der kooperative Planungsprozess am 29. August 2023 beginnen und aus 4 Workshop-Terminen bestehen soll. Sobald wir diesbezüglich offiziell kontaktiert werden und mehr wissen, berichten wir.

Der kooperative Planungsprozess ist ein von der Stadt Leipzig organisierter, moderierter Prozess, in dem alle wichtigen Akteure – die Besitzerin des Geländes, Anwohner:innen, politische Entscheidungsträger:innen, Naturschutzverbände, die Bürgerinitiative u.a. – zusammengebracht werden sollen, um die Planung auf dem Gebiet zu debattieren. Dieser neue Beteiligungsprozess ist auf die zahlreichen Proteste gegen den ersten Bebauungsplan zurückzuführen, also ein Teilerfolg für uns.

Liebeserklärung an die Brache

Eine Brachfläche zeichnet sich (auch) dadurch aus, dass dort eigentlich alles denkbar ist. Sie verkörpert Möglichkeiten statt Tatsachen und hat dadurch einen inspirierenden Charakter. Die Überbleibsel der Vornutzung erzählen Geschichten aus der Vergangenheit, die (Wieder-)Aneignung durch die Natur erzählt Geschichten von der Vergänglichkeit menschlichen Wirkens. In Zeiten, in denen Optimierung und Effizienzsteigerung das Denken regieren, sind Brachen Oasen der Planlosigkeit, Orte die sich menschlicher Herrschaft und Verwertungslogik entziehen.

Auch wenn die Brache im stadtplanerischen Vokabular nicht existiert, ist das letzte Wort im Konflikt um diese Brache aber noch lange nicht gesprochen. Wie die Einigung am Ende aussieht ist momentan noch nicht abzusehen. Fest steht jedoch, dass es hier um mehr geht als um die Entscheidung, ob hier nun Bäume, Wohnungen oder Bürogebäude stehen. Es geht hier um die Frage: Wem gehört die Stadt? Wer gestaltet sie? Wer hat ein Recht auf die Stadt?

29. April ’23: Kiezgespräch und Rede

Am 29. April 2023 um 17 Uhr @Gieszerstraßenfestival: Komm zu unserem Kiezgespräch – wir sprechen auf der Bühne und im Kiezwohnzimmer über die Veränderungen im Umfeld und wie wir ihnen begegnen können.

Ebenfalls am 29. April waren wir eingeladen, einen Redebeitrag auf der durch die Kieze Lindenau und Plagwitz laufenden Demo gegen Gentrifizierung zu halten.

Ökolöwe fordert: Mehr Grün für Leipzig

Leipzig als grüne Stadt ist bedroht: Tagtäglich verschwinden durch den Bauboom Bäume, Sträucher und Grünflächen. Diese Entwicklung ist ein großer Verlust, denn nur eine grüne Stadt bringt Lebensqualität – nicht nur für uns Menschen. Mehr Grün macht die Stadt nicht nur schön, sondern verbessert das Stadtklima, sorgt für saubere Luft und bietet Tieren Rückzug und Nahrung.

Den Bahnhof Plagwitz betreffend sehen wir vor allem diese Punkte im Aufruf der Ökolöwen als wichtig an:

Versiegelung hat starke negative Auswirkungen auf unsere Umwelt: Erstens steigt das Risiko für Überschwemmungen und zweitens sinkt der Grundwasserpegel. … Deswegen fordern wir Ökolöwen ein Entsiegelungsprogramm der Stadt Leipzig. Dieses Programm ist ein wichtiger Baustein für die Schwammstadt Leipzig.

Versiegelte Flächen müssen im öffentlichen Raum renaturiert werden, dort wo Stadtviertel nicht grün genug sind. Grüne Orte müssen für alle Leipziger:innen fußläufig erreichbar sein.

Vorkaufsrecht für den Bahnhof Plagwitz im Stadtrat abgelehnt

Mathias Weber, Stadtrat der Fraktion DIE LINKE, hatte den Antrag 14.23 VII-A-07300 für ein Vorkaufsrecht für die Stadt im Falle eines Verkaufs durch die aktuelle Besitzerin, die LEWO, im Juni 2022 eingereicht. Am 10. Oktober hatte die Verwaltung ihren Standpunkt dazu geäußert. Dort heißt es:

“Die Aufstellung der im Antrag geforderten Satzung wird abgelehnt, da das Vorkaufsrecht mangels konkreter städtebaulicher Maßnahmen voraussichtlich nicht ausgeübt werden könnte.”

Weiterhin nimmt die Verwaltung dort Folgendes an:

“Für einen großen Teil der in den Blick genommenen und erst in 2021 vom heutigen Eigentümer erworbenen Flächen – insbesondere für die im Planentwurf als GE-Flächen festgesetzten Bereiche – besteht derzeit kein gesichertes Baurecht. Die Flächen sind auf der bestehenden Rechtsgrundlage nicht bebaubar. Es besteht daher nur ein sehr geringes Risiko, dass diese Flächen ohne eine erfolgreiche Bauleitplanung kurzfristig weiterveräußert werden und planerische Vorstellungen der Stadt, soweit diese überhaupt bestehen, gefährdet werden.”

Der Antrag wurde am 12. Oktober 2022 im Stadtrat abgelehnt. Dafür (grün im Bild) stimmten nur DIE LINKE sowie drei Personen von den Grünen. Der größere Teil der Grünen enthielt sich (gelb im Bild). Auf Nachfrage wurde uns (inoffiziell) gesagt, dass man dem Verwaltungsstandpunkt (siehe Zitat oben) folgen würde. SPD und konservative sowie rechte Parteien haben, erwartungsgemäß, den Vorschlag abgelehnt (rot im Bild).

Wir hatten vor der Stadtratssitzung die Fraktionen DIE LINKE, Die Grünen und SPD mit unserer eigenen Stellungnahme zum Thema per E-Mail und vor Ort vertraut gemacht:

Wünsche von Anwohner:innen für das Gelände des Bürger*innenbahnhof Plagwitz

Wir haben auf unseren Festen gesammelt, was sich Anwohner:innen für die Fläche wünschen. Die Wünsche sind vielfältig – eine Bebauung gehört nicht dazu. Ohne Wertung – hier eine Liste der geäußerten Wünsche.

Mehr Grün. Die meisten Menschen wünschen sich mehr Grün. Das könnte zum Beispiel so aussehen:

  • Freiraum bleiben
  • Hauptsache grün
  • Park
  • Rosengarten
  • Baumschule für Stadtbäume
  • (kleiner) Wald
  • Hundewiese

Platz für Aktivitäten und Sport. Manche wünschen sich Raum für Aktivitäten & sportliche Betätigung aller Art.

  • Skatepark
  • Parkourplatz
  • Kletterpark
  • Calistenics-Gerüst
  • Breakdance-Fläche (8x8m)
  • Tennisplatz
  • Spielplatz (für Kleine)
  • Freibad
  • Fläche für Artist*innen

Raum für gemeinschaftliche und kulturelle Aktivitäten. Weiterhin gibt es Wünsche, die Fläche gemeinschaftlich und kulturell nutzen zu können. Zum Beispiel so:

  • Feuerplatz
  • fester Pavillon und Lagerfeuerstelle
  • Platz zum Grillen und Party
  • kleine feste Bühne für Konzerte
  • überdachter Konzert-/Party-Space
  • Kunst
  • festes Tauschregal

Wir fragen uns, wer sich das alles leisten kann. Wir nicht!

Redebeitrag unserer Bürgerinitiative “Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten” zum Stadtteilfest

Liebe Anwohner*innen, Freund*innen und Unterstützer*innen unserer Sache,

nachdem sich unsere Bürgerinitiative „Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten“ Anfang des Jahres gegründet hat, wächst das Interesse in der Bevölkerung des Stadtbezirkes, für die städtebaulichen Entwicklungen auf dem Areal des Bürgerbahnhofes und darüber hinaus. Wir haben mit eurer Hilfe bereits erreicht, dass das Areal zwischen Rolf-Axen-Straße und Ladestraße West vom restlichen Bebauungsplan abgetrennt wird. Für das private Grundstück, welches von der LEWO AG gekauft wurde und mit Gewerbeeinheiten bebaut werden sollte, wird ab dem Jahr 2023 ein neuer Bebauungsplan im Rahmen einer Bürgerbeteiligung verhandelt. Ein Vorkaufsrecht der Stadt für das Grundstück steht in den Startlöchern. Das bedeutet, dass im Falle des Verkaufs des Grundstückes durch die Lewo AG, die Stadt ein Vorrecht hat, das Grundstück zu erwerben. Der BUND hat mit Erfolg eine Petition initiiert, durch die die Verwaltung der Stadt Leipzig, so ist es in einer Stellungnahme zu lesen, darauf aufmerksam wurde, dass ja irgendwie ein Interessenkonflikt zwischen den stadtstrategischen Zielen Klima und Wirtschaft besteht. 

Für die anstehende Bürgerbeteiligung benötigen wir weiterhin eure Hilfe und Unterstützung. Bürgerbeteiligung klingt zwar immer wie „offener Workshop für alle“ aber letztendlich handelt es sich vermutlich um einen vom Stadtplanungsamt kontrollierten runden Tisch, mit ausgewählten Teilnehmer*innen. Man darf befürchten, dass das Stadtplanungsamt letztlich bestimmt, wer alles mit an den Runden Tisch ran darf.

Fakt ist aber, dass sich die städtische Verwaltung, sowie der Investor, die LEWO AG, mit Realitäten auseinandersetzen müssen, die wir alle in den letzten Monaten geschaffen und sichtbar gemacht haben.

Ob es um baurechtliche Aspekte geht, um Fragen über Klima, Flora und Fauna, über soziokulturelle Verantwortung oder vor allem um die Bedürfnisse und Forderungen der Menschen, die hier leben.

Viele Vereine und Interessengruppen haben sich heute hier zusammen gefunden, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass man nicht so einfach über unsere Köpfe hinweg eine antiquierte Investoren-Stadtplanung betreiben kann. Gemeinsam möchten wir hier heute mit euch über die übrig gebliebenen Freiräume sprechen und damit einen Dialog über unseren Stadtbezirk fordern. Wir sind hier, um uns auszutauschen, über aktuelle Geschehnisse und Pläne zu informieren, Probleme untereinander anzusprechen und weiter als Zivilgesellschaft im Quartier zusammenzuwachsen.

Unser Engagement für den Bürgerbahnhof Plagwitz muss aber auch im größeren Maßstab gedacht werden: Leipzig Südwest und insbesondere Plagwitz sind in den letzten Jahren enormen Veränderungen ausgesetzt gewesen. Viele Freiräume sind bereits verschwunden, andere sind im Begriff zu verschwinden. Wir reden hier von der Swiderski Fabrik auf der Zschocherschen Straße, der Fabrik der Kammgarnspinnerei Stöhr auf der Erich-Zeigner-Allee – der ein umfänglicher Wandel bevorsteht, den sogenannten „Plagwitzer Höfen“ gleich hier vorn, den bevorstehenden Umwälzungen auf der Klingenstraße auf Höhe der Antonienbrücke und nicht zuletzt vom Jahrtausendfeld an der Karl-Heine-Straße. Dies bringt unser Sozialgefüge im Stadtteil gehörig durcheinander. Die Plagwitzer Subkultur, einst das Aushängeschild von Bauboom und Bevölkerungswachstum im sogenannten „Hype um Leipzig“, wird nun aufgerieben und ersetzt durch vollmöblierte Eigentumswohnungen in Gated Communities, „urban living“, „smart city“ und anderen Investoren-Codes. Frei übersetzt:

Flächendeckende Monetarisierung unseres Stadtquartiers, hin zum rundum glücklich Konsum-Disney-Land. Dazu sagen wir NEIN!

Es drohen uns weitere Umwälzungen im Kiez. Für die Anwohner*innen, Vereine und viele andere Gruppen gibt es immer weniger geeigneten Freiraum und Verdrängungs-mechanismen werden stärker. In Plagwitz erleben wir seit einigen Jahren eine Turbo-Gentrifizierung. Wir können kein ausgewogenes Maß mehr erkennen, zwischen durchaus notwendiger Stadtentwicklung (die es ja nun auch gibt) und Schaffung öffentlicher Ausgleichsflächen. Wir sind müde zu sehen, wie die Stadtentwicklung immer öfter an der Bewohnerschaft vorbei plant. Wir fragen uns, wie sich immer mehr Bewohner*innen im Umfeld des Bürgerbahnhofs, auf den kleiner werdenden Freiräumen, lebenswert und zeitgemäß entwickeln sollen. Wir fragen uns, wie ein immer dichter werdender Stadtteil in Zukunft bei immer heißeren Temperaturen und einem trockeneren Klima abgekühlt werden soll. Wir fragen uns, wer sich das alles leisten kann. Wir nicht!

Was wir aber leisten können, sehen wir hier direkt vor uns. Der Hildegarten, der Bauspielplatz, das Heiter bis Wolkig, die vielen kleinen Gruppen aus dem Kiez, die vielen Hausprojekte, Vereine und Genossenschaften. Zivilgesellschaftliches miteinander. Zusammen anpacken, ohne große Gewinne erwirtschaften zu wollen oder zu müssen. Das ist es, wovon unser Stadtteil lebt.

Mit eurer kapitalorientieterten Stadtplanung wird das alles zerstört und Biedermeierei und tote Straßen kehren in die Neubauviertel ein.

Mit unserer Arbeit wollen wir diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen. Bringt euch selbst mit ein, erzählt uns an unserem Infostand, wie ihr euch das Viertel wünscht, welche Meinung ihr vertretet und vor allem: erzählt weiter, was hier passiert. Schaffen wir Öffentlichkeit und eine wahrhafte Beteiligung an den stadtpolitischen Prozessen,  die uns alle betreffen. Denn wir leben hier! Der Bürgerbahnhof Plagwitz soll seinem Namen gerecht bleiben!